Donnerstag, 26. Februar 2009

Holzkreuze verbrannt und zerkleinert: Kein Diebstahl

26.10.1986

Der Pfarrer August Dahl, die Schreinerin Hilde Brück und der Diplomingenieur Hermann Scherrer bekamen Post vom Oberstaatsanwalt Halfmann aus Bad Kreuznach. Es ging um die Strafanzeigen wegen Zerstörung der drei Kreuze auf dem Hügel an der Hunsrückhöhenstraße.

Ermittelt hatte die Staatsanwaltschaft folgendes: In der Nacht von Sonntag auf Montag des 27.Januars 1986 wurden ab etwa 3.00 Uhr die Kreuze "beseitigt, zerkleinert, abgefahren und verbrannt". Der technische Bauleiter Schupp vom Staatsbauamt Koblenz-Nord hatte die Firma "Zaunbau Stoffel GmbH" aus Halsenbach mit diesen Arbeiten beauftragt.
Oberstaatsanwalt Halfmann stellte das Verfahren ein, weil "ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung nicht besteht".
Außerdem wurde aus dem Wunderland der Rechtssprechung erläutert: "Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des Paragraphen 242 StGB (Diebstahl) liegen nicht vor, weil der Eigentümer (Besitzer) des Grundstücks das Material, aus dem die Kreuze bestanden haben, sich nicht zugeeignet hat. Die Kreuze wurden vielmehr im Auftrag des Beschuldigten Schupp von Arbeitern der Firma Zaunbau-Stoffel GmbH beseitigt, zerkleinert, abgefahren und verbrannt."

Sonntag, 22. Februar 2009

Informationen zur Großdemonstration am 11. Oktober 1986

An die
Gemeinderäte und Bürgermeister
um die Raketenbaustelle Hasselbach

Bell, den 04.8.86

Sehr geehrte Damen und Herren,

zwei Monate vor der Hunsrücker Großdemonstration möchten wir Ihnen, wie versprochen, weitere aktuelle Informationen geben.

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Friedensgruppen im gesamten Bundesgebiet sind aktiv. Jede Woche kommen mehrere Gruppen, um sich an der Raketenbaustelle vor Ort ein eigenes Bild über die Situation zu machen. Zeitungen, Radio und Fernsehen berichten über die Aufrüstung im Hunsrück.

Organisatorisch sind noch viele Probleme zu lösen. Bisher ist es uns gelungen, für ca. 60.000 Demonstrationsteilnehmer Parkmöglichkeiten zu finden. Das entspricht etwa 1.200 Bussen - aneinandergereiht eine Strecke von 20 Kilometern. Hamburger, Berliner und Münchener
Friedensgruppen wollen mit Sonderzügen anreisen.
Die Bahnhöfe von Kastellaun und Bell sind aber natürlich nicht für große Sonderzüge ausgebaut. Die Strecke von Boppard kann außerdem dafür nicht mehr benutzt werden. Es bleibt nur noch die Rheinstrecke von Bingen. Trotzdem sind wir guter Dinge, das die organisatorischen Probleme rechtzeitig gelöst werden.


KEINE GEWALT IM HUNSRÜCK

Nach den Ausschreitungen in Wackersdorf und Brokdorf machen sich viele Hunsrücker Sorgen um gewalttätige Auseinandersetzungen. Dazu ist folgendes zu sagen: Bisher sind alle Veranstaltungen der Friedensbewegung absolut friedlich verlaufen. Während der letzten Großdemonstration in Bonn wurden an Polizisten Blumen verteilt. In der Friedensbewegung sind auch Polizeibeamte aktiv beteiligt. Wir protestieren nicht gegen die Polizisten, sondern gegen die Verantwortlichen der Wahnsinnsrüstung.

Wir wissen ganz genau: Ausschreitungen nützen nicht unseren Zielen, sondern würden uns ungemein schaden.

Sorgen macht uns dabei, das die Bundes- und Landesregierung im Vorwahlkampf gerne den Eindruck verbreiten möchten, die Friedensbewegung sei eine Ansammlung von gewalttätigen Chaoten. Wir werden natürlich alles unternehmen, um Provokateuren keine Chance zu lassen.

Wie wollen wir das erreichen ? Die meisten Teilnehmer, Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder reisen gemeinsam in Bussen als Gruppen an. Diese Gruppen kennen sich untereinander und lassen fremden "Radaubrüdern" keine Gelegenheit, um Rabatz zu schlagen.

Außerdem bieten wir auf mehreren Bühnen ein buntes, für den Hunsrück einmaliges Kulturprogramm an. Wie friedlich es dabei zugehen kann, hat kürzlich ein Festival in Bayern gegen die geplante Atomfabrik bei Wackersdorf mit fast 100.000 Teilnehmern gezeigt.

Wir erwarten im Hunsrück Kirchengruppen, "Ärzte gegen den Atomkrieg", Wissenschaftler, "Ordensleute für den Frieden", Ökologen, Sozialdemokraten, Grüne, Gewerkschaftler, Künstler, Schriftsteller, aber auch Christdemokraten, Soldaten der Bundeswehr und viele, viele Bürger, die gegen die verantwortungslose Aufrüstung ein Zeichen setzten wollen. Deshalb sind wir überzeugt: Es wird eine friedliche Demonstration.
....
...
In den nächsten Tagen wird der Koordinationausschuss der Friedensbewegung in Bonn ein Büro in Kastellaun eröffnen. (Bopparderstr. 25) Vorerst werden dann vier Personen hauptamtlich an
den Vorbereitungen zur Herbstdemonstration arbeiten. Für Fragen, Anregungen aber auch Sorgen steht Ihnen das Büro jederzeit zur Verfügung. Die Telefonnummer werden wir im nächsten Rundbrief bekanntgeben.

Die konservative Tageszeitung "Frankfurter Allgemeine" berichtete am 5.August auf der Seite eins über die Arbeit des Koordinationausschuss der Friedensbewegung. In der Anlage fügen wir Ihnen eine Kopie dieses Artikels bei.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Sczech

Die Geister die man rief, wird man nun nicht mehr los

(Ein Märchen aus dem Hunsrück)
Klemens Probst, Sohren 1989

Es gab einmal in einem Hunsrückdorf ein großes Wiesengelände mit den verschiedensten Obstbäumen darauf. Im Mai verwandelten die Löwenzahnblumen die Wiesen in ein gelbes Blumenmeer. Es war ein Paradies für Milchvieh und allerlei kleines Wildgetier. Doch eines Tages meldete ein Ungeheuer, welches in seiner Unersättlichkeit sich seit Jahren immer dichter an das Dorf heranfraß, neue Begierden an. Im Dorf fand es bereitwillige Helfershelfer. Und so rückten eines Tages große Planierraupen an und walzten das große Wiesengelände mit den Obstbäumen platt. Wie ein Eitergeschwür lag nun das rohe Erdreich - für jedermann sichtbar am Ortsrand. Anfangs glaubten viele Leute im
Dorf, jenes Ungeheuer würde die bereitwillige Herausgabe dieses Landstrichs mit Arbeitsplätzen und Aufträgen für die Handwerker belohnen. Doch schon nach kurzer Zeit wurde den Menschen klar, daß die scheinbare Freundschaft mit dem Ungeheuer trügerisch war. Am Ende waren die Helferhelfer schon froh, als ihnen in einigen wenigen Punkten Mitgestaltungsrechte zugebilligt wurden. Dies versuchen sie seitdem den anderen Dorfbewohnern als große politische Tat zu verkaufen. Immer mehr Leute fragen sich aber, wem die Verschandelung ihres
Dorfes eigentlich Nutzen bringt?

Das Ungeheuer hat seine Heimat zigtausend Kilometer jenseits des großen Meeres. Von dort läßt es seit einigen Wochen alles heranschaffen, was zur Bebauung dieser Löwenzahnwiesen notwendig ist. Die Dorfbewohner stehen wie Zaungäste dabei und betrachten kopfschüttelnd, was da am Rande ihres Ortes geschieht.

Auf großen Schildern wird verkündet was hier geschieht und daß es angeblich ganz von diesem Ungeheuer bezahlt wird. Ist mal alles fertig, ist ein neues Dorf im Hunsrückdorf entstanden, bewohnt von über tausend fremden Menschen mit einer fremden Sprache. "Die müssen hier wohnen, die beschützen euch vor den vielen bösen Feinden, die euch bedrohen," sagt das Ungeheuer. Es ist schon eigenartig! Die meisten Menschen im Dorf sehen überhaupt keine Feinde und fühlen sich auch gar nicht bedroht - es sei denn, gerade von jenem Ungeheuer, welches sich vor ihren Augen breitgemacht hat.

Immer mehr Leute sehen auch, daá diese seltsame Baumaßnahme Folgen haben wird. Sie denken an ihre Kläranlage, die bald überlastet ist, sie denken daran, wo das viele Trinkwasser für die fremden Menschen herkommen soll? Wohin mit dem vielen zusätzlichen Abfall? Wohin mit den vielen Autos, die diese Menschen mitbringen werden? Tagtäglich tauchen neue Fragen auf, auf die es keine zufriedenstellende Antworten mehr gibt. Manche meinen gar, bald nur noch eine
Minderheit in ihrem eigenen Dorf zu sein...

Donnerstag, 19. Februar 2009

Die Hexe von Roth

geschrieben Anfang September 1986


Es wird in den Geschichtsbüchern stehen ....


Die Grossdemonstration am 11.Oktober wird in sechs Wochen ein Stück Geschichte sein. Unabhängig von allen kleinlichen Tagesproblemen, Anstrengungen, Enttäuschungen und Rückschlägen glaube ich jetzt schon sagen zu können: Wir haben am Rad der Geschichte mitgedreht. Es hat sich etwas im Denken der Menschen geändert. Es fällt ungeheuer schwer solche Veränderungen festzustellen. Und doch, im Gespräch in der Kneipe, beim Bäcker, im Kirmeszelt oder mit Gemeinderäten fällt auf, es hat sich etwas getan.


Es sieht so aus, als könnten wir die Stationierung von Atomraketen in Hasselbach nicht verhindern. War dann nicht alles umsonst ? Nein, die Geschichte wird erst in den Köpfen der Menschen geändert. Spektakuläre Erfolge werden noch lange auf sich warten lassen. Aber wir dürfen in unserer hektischen Zeit auch nicht mit Monaten oder Jahren rechnen und schon gar nicht verzweifeln wenn keine direkten Erfolge sichtbar werden.


Am 20.Juni, vor 357 Jahren, wurde auf dem Beller Marktplatz, dort wo unsere Demonstration stattfinden soll, die Else Lauxen-Hammen aus Roth enthauptet und als Hexe verbrannt. Der Pfarrer Ort aus Kastellaun, der Amtamt, die Mitbewohner aus Roth - was ist in Ihren Köpfen damals vorgegangen ?


Werden Menschen - so es sie noch gibt - in 357 Jahren unseren Rüstungswahnsinn nicht mit gleichem Unverständnis zur Kenntnis nehmen ? Wer wird dann noch wissen wer Ronald Reagan oder gar Helmut Kohl war? Die Debatten um Nachrüstungen und Nach-Nachrüstungen?

Wer konnte sich 1914 vorstellen, dass auf einem Feld vor Verdun in wenigen Monaten 500 000 Männer elendiglich verrecken würden - für nichts - im Kampf gegen den "Erbfeind" Frankreich ?

Wer konnte sich im Sommer 1939 vorstellen, wie Deutschland im Sommer 1945 aussehen würde ? Der Mangel an Vorstellungskraft verhindert keine Katastrophen.

Kann meine Generation, die des "Wirtschaftswunders", überhaupt noch begreifen wie unsere Väter in Polen Frankreich und Russland einmarschiert sind ?


Am 11. Oktober 1986 können wir ein Stück Geschichte schreiben - damit im Sommer 2086 die Hunsrücker Schulkinder sich über diese verrückte Welt wundern können. Auf den folgenden Seiten, für alle die sie noch nicht kennen, die Geschichte der Else Lauxen-Hammen aus Roth. (Rhein-Hunsrück-Kalender 1986)

Sonntag, 15. Februar 2009

Inflation oder Deflation?

Die einen meinen jetzt kracht es: Inflationen, die anderen meinen, viel schlimmer, Deflation.
Kann es aber auch sein, die Preise einfach so zu lassen, wie sie sind?

In Axel Springers "Welt" kündet an einem Tag die Schlagzeile dieses Staatstragenden Blattes vom Staatsbankrott, wenn die Börse fällt, an einem anderen wiederum vom Dollar- Zusammenbruch, wenn die US-Regierung wieder einmal Anleihen platziert hat.

Es gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wir sind wirtschaftlich und finanziell am Ende. Dann spiegelt uns die Medienlandschaft gegenwärtig ein realistisches Abbild der Welt. Oder dieselben Schwachköpfe die vorher das System bejubelt haben liegen auch diesesmal völlig falsch.

Leben auf Pump in Amerika und die innovativen Banker wurden bejubelt, alles in bester Ordnung. Doch als sie jetzt merken müssen, dass dem anscheinend nicht so ist, kippen sie völlig um ins Gegenteil. Jetzt ist alles "fürchterlich", was vorher die beste aller Welten ausmachte. Wie bei einem quängelnden Kleinkind geht das: Jetzt mag ich meinen Brei nicht mehr, jetzt schmeiße ich ihn auf den Teppich.

Alle Inflationen - und die Hyperinflationen erst recht - sind von einer extremen Ausweitung der Geldmenge begleitet. Jetzt steigt die Geldmenge wieder, also wird es wieder Inflation geben, sagen viele unserer großen Wirtschaftskommentatoren. Doch hat man dabei nicht etwas vergessen?
Hyperinflationen waren stets Folgen verheerender Kriege, die man auf Pump finanziert hat. So stieg auf der einen Seite der Geldumlauf immer mehr, die Waren auf der anderen Seite hatte
man jedoch verschossen und zerstört. Das konnte natürlich nicht gut gehen.

Doch hatten wir gerade einen großen Krieg? Sicher, Bush der Idiot hat im Irak viele Dollar verpulvert, Menschen umbringen lassen und enorme Sachwerte zerstört. Aber hatten wir einen großen Krieg, der alle Waren zerstört hat? Nein, überall bersten die Lager. Überproduktion!
Waren gibt es in jeder Hinsicht im Überschuss. Ist in einer solchen Situation mit einer Inflation zu rechnen? Ist es vorstellbar, dass die Produzenten die Preise signifikant anheben können?
Auch wenn sich die Geldmenge verzehnfacht - ganz sicher nicht.

Bleibt also die Deflation. Doch bei einer derartig expansiven Geld- und Fiskalpolitik ist es kaum wahrscheinlich, dass die Preise signifikant sinken werden. Wahrscheinlich wird also tatsächlich das Undenkbare passieren - und so ist es ja eigentlich meistens an den Märkten: Es wird weder eine Deflation noch eine Inflation geben. Wir erleben eine Wirtschaftskrise, wie wir schon viele Wirtschaftskrisen erlebt haben. Nur etwas anders, aber jede Krise ist anders als ihr Vorgänger.

Das ist bitter, im Einzelfall brutal. Vielleicht kommen wir aus der Krise immerhin mit Verbesserungen für die Armen und Schwachen. Einer Globalisierung, die nicht in obszöner Weise Manager und Superreiche bevorteilt.

Amnesty International: soziale Bewegung im Hunsrück in den 70er Jahren

Aus Simmern, Kastellaun, Kirchberg, Sohren, Leideneck und vielen anderen kleinen Orten kamen in den 70er Jahren überwiegend jugendliche die sich bei Amnesty International engagierten. Es wurden Unterschriften gesammelt, Veranstaltungen organisiert und häfig angeeckt.

Aus einem Bericht der Hunsrücker Zeitung vom 14. August 1973:
Auf Burg Waldeck traf der Exil-Vietnamese Thai Son die Gründer der Hunsrücker Amnesty Bewegung, Reiner Engelmann und Horst Schneider. Während die beiden mandeläugigen Söhne des Rechtsanwaltes und ehemaligen Diplomaten mit Hunsrücker Freizeit-Kindern spielten, erörterten die drei Erwachsenen die Lage der Zivilgefangenen in Vietnam und besonders die des von Büchenbeuren betreuten Bruders von Thai Son.

Samstag, 14. Februar 2009

Jetzt online: Magister Arbeit von Matthias Kargerbauer: Friedensbewegung in Rheinland-Pfalz / Hunsrück als Zentrum des Protests

Die vollständige Magisterarbeit kann jetzt hier gelesenwerden:
==>www.pydna.de/MagisterarbeitKargerbauer <==

Konversionsprojekt auf PYDNA als Integrierte Landschaftsentwicklung diskutiert

Mai 1999
Im Rahmen der Lehrveranstaltung "Integrierte Landschaftsentwicklung" befassten sich Studenten unter Anleitung von Prof. Konold und Dr. Seiffert mit der Konversion eines ehemaligen atomaren Raketenstützpunktes im Hunsrück, für den von seitens des Landes Rheinland-Pfalz und des Bundes die Einrichtung eines Dokumentationszentrums zum Kalten Krieg diskutiert wird.

Donnerstag, 12. Februar 2009

Kastellauner Friedensbüro ware Heimat von Elise Rozenstein

Der ehemaligen Heimat nach 50
Jahren einen Besuch abgestattet


„Man vergißt nie, was geschah — aber man verzeiht"

Hunsrücker Zeitung, 7. Juni 1989

-ast- KASTELLAUN. Sie ist zum ersten Mal nach mehr als fünfzig Jahren wieder in der „alten" Heimat: Elise Rozenstain, Jüdin und mittlerweile amerikanische Staatsangehörige. Mit welchen Gefühlen ist die 90jährige agile Dame nach Kastellaun zurückgekehrt? „Mit guten Gefühlen", sagt sie spontan. „Zwar vergißt man nie, was geschehen ist, aber man verzeiht".

Zusammen mit ihrem Sohn Horst Meyer hält sich Elise Rozenstain einige Zeit lang in Kastellaun auf. Das Wiedersehen mit ihrer Heimatstadt fiel überraschend aus. „Ich habe Kastellaun fast nicht wiedererkannt", gesteht sie. „Die Stadt ist viel netter und schöner geworden". Und die Leute seien so liebenswürdig, daß sie es noch nicht fassen kann, wieder in Kastellaun zu sein.
Natürlich hat Elise Rozenstain auch ehemalige Bekannte, unter anderem die Hebamme ihres Sohnes, wiedergetroffen. Und das dabei Tränen der Wiedersehensfreude flossen, ist auch klar.
Erinnerungen werden vor allem wach, als die alte Dame ihr einstiges Zuhause in der Bopparder Straße aufsucht. Dort, wo heute das Büro der Friedensinitiative ist, lebte sie mit ihrem Ehemann und den Kindern. Reinhard Sczech, der jetzige Hauseigentümer, begrüßt Elise Rozenstain an der Haustür und begleitet sie durch das einstige Zuhause. Die alte Dame erinnert sich sofort, als sie das Büro betritt. „Das war unser Eßzimmer", erzählt sie begeistert. „Dort", erklärt sie und weist auf die Wand, wo jetzt Plakate gegen Atomkraftwerke und Aufrüstung hängen, „stand das Büfett, hier der Tisch und Stühle".

Ihr Sohn Horst Meyer kann sich kaum noch an die Jahre in Kastellaun erinnern. Während seine Mutter Erinnerungen lebendig werden läßt, unterhält er sich mit Kurt Forst und dessen Frau.'
Kurt Forst ist wie er in Kastellaun geboren und lebt jetzt in Californien. Beide Familien halten den Kontakt zueinander aufrecht, und so war auch die gemeinsame Reise nach Kastellaun selbstverständlich. Forst ist seit 1961 wieder zum ersten Mal auf dem Hunsrück. Mit „mixed feelings", gemischten Gefühlen, sei er gekommen, sagt er.
Aber wie Elise Rozenstain ist er überrascht von der Herzlichkeit der Kastellauner.
„Weggegangen von Kastellaun wären wir von uns aus nie", sagt Elise Rozenstain einige Zeit später. Ihr Mann unterhielt ein Geschäft mit Ölen und Fetten, die beiden Kinder gingen zur Schule, die Familie fühlte sich wohl und war beliebt.

Doch mit Beginn des Nationalsozialismus wurde das Leben für die Familie langsam aber sicher unerträglich. „Die Kinder konnten nicht mehr zur Schule gehen, erklärte die Jüdin, „sie wurden verhauen und das Geschäft meines Mannes schließlich geschlossen". Im November 1937 verließ die Familie Deutschland und machte sich auf die Reise nach Amerika.
Der Neuanfang war nicht leicht, gibt Elise Rozenstain zu. Nach dem Tod ihres Mannes heiratete sie ein zweites Mal und lebt jetzt, wie Kurt Forst in Californien. Verloren hat sie aber alle ihre Verwandten. Von der großen Familie, zu der 80 Mitglieder gehörten, ist nur sie übriggeblieben. Alle anderen wurden in Konzentrationslagern getötet.

Während ihres Aufenthaltes in Kastellaun hat Elise Rozenstain ein gefülltes Programm. „Jeden Tag drei engagement". Natürlich war sie mit ihrem Sohn und Familie Forst auch in Oberwesel beim festlichen Präsidenten-Besuch. „Aber Bush hat uns nicht gesehen", bedauert die alte Dame.
Während dieser Woche nimmt sie an Projekten der IGS Kastellaun teil, die sich mit Nationalsozialismus und Judenverfolgung beschäftigen. Etliche jüdische Mitbürger sind eigens aus diesem Anlaß auf den Hunsrück zurückgekehrt. Im Kastellauner Rathaus wurden sie bereits offiziell begrüßt.

90jährige Jüdin im Kastellauner Friedensbüro

In dem Keller des ehemaligen Meyer'schen Hauses stehen noch die Ölfässer, die der Ehemann von Elise Rozenstain für seinen Betrieb benutzte. Gerührt betrachtet die 90jährige Dame die Überbleibsel aus vergangener Zeit. Sie ist Reinhard Sczech (links), dem jetzigen Hauseigentümer, dankbar, daß er sie noch an ihrem alten Platz gelassen hat.
Foto: B. Hast Hunsrücker Zeitung 7. Juni 1989


In dem Büro der Friedensinitiative zeigt Elise Rozenstain Bilder aus den dreißiger Jahren. Sie verließ Kastellaun 1937, jetzt kehrte sie zum ersten Mal wieder zurück. Ihren Geburtsort Jülich hat sie bereits im vergangenen Jahr besucht.
Foto: B. Hast Hunsrücker Zeitung 7. Juni 1989



Anläßlich einer Projektwoche der integrierten Gesamtschule Kastellaun zum Thema „Nationalsozialismus und Judenverfolgung" besuchen 20 ehemalige jüdische Mitbürger Kastellauns ihre einstige Heimatstadt. Bei einem Empfang Im Rathaus wurden die Gäste begrüßt. Foto: Wagner, Hunsrücker Zeitung 7. Juni 1989

Mittwoch, 11. Februar 2009

Benno mit Kerz bei der Mahnwache

Eine kalte Nacht am schweren Eingangstor der Pydna. Benno und einige aktive halten Mahnwache mit Kerzen vor dem Eingang zum Raketengelände. Einer der Wachmänner nimmt ein Plakat entgegen. Das Tor wird wieder geschlossen.

PRO Rhein-Hunsrück

PRO Rhein-Hunsrück hat tiefe Wurzeln in der Hunsrücker Friedenbewegung. Folgerichtig sind in der Homepage von PRO Rhein-Hunsrück auch viele Informationen und historisches aus der Hunsrücker Friedenbewegung dokumentiert. Vielen Dank Axel!

Montag, 9. Februar 2009

Friedensbüro in Kastellaun jetzt Stiftung

Das alte "Friedensbüro" in der Bopparder Straße in Kastellaun gehört jetzt einer öffentlichen Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Mainz.
Ziele der Stiftung sind die Förderung von Kunst, Literatur, Musik und jungen Talenten.

Sonntag, 8. Februar 2009

Sonderausstellung "Tradition der Hunsrücker Ostermärsche"

Vom 8. März bis 1. Juni 2008 im Haus der regionalen Geschichte

Unterburg, 56288 Kastellaun

Telefon: 0 67 62 / 40 72 14
Internet: Infos zur Ausstellung

Claudia Bathe im SWR

Ostern ist auch die Zeit der Ostermärsche. 50 Jahre wird die Bewegung in diesem Jahr alt. In Rheinland-Pfalz war vor allem der Hunsrück ein Brennpunkt dieser Bewegung. Wegen der Stationierung von 96 Atomraketen, so genannten Cruise Missiles, beim Dorf Hasselbach hatte die Region Symbolcharakter. Auf der Unterburg im Haus der Geschichte in Kastellaun erinnert zurzeit eine Sonderausstellung des Vereins für friedenspolitische Bildung an die Hunsrücker Ostermärsche.

Ein Eisengitter mit Stacheldraht, blaue Luftballons mit einer weißen Taube darauf, ein hölzerner Bollerwagen und gelbe Ansteckbuttons – für Pfarrer August Dahl von der Hunsrücker Friedensinitiative ist der Gang durch die Ausstellung im Haus der Geschichte in Kastellaun mit vielen Erinnerungen verbunden: "Dann kommt natürlich manches Bild zurück und ganz besonders Menschen, die mir und uns begegnet sind. Egal ob das Soldaten aus der ehemaligen DDR waren, oder die Freunde aus Tschechien, die ihr Filmmaterial zentimetergenau abgemessen bekamen oder eine Postkarte aus Neuseeland, wir danken euch, dass ihr euren Mund aufmacht."

Brennpunkt der Friedensbewegung

So wie Pfarrer August Dahl waren viele Hunsrücker bei den Ostermärschen dabei. Die Region war ein Brennpunkt der Friedensbewegung. Nachdem die Sowjetunion aufgerüstet hatte, waren hier in den 80er Jahren 96 Atomraketen der US-Armee stationiert. Heidrun Kisters von der Hunsrücker Friedensbewegung: "Viele Menschen, die sich in der Friedensbewegung engagiert haben, taten das aus einer regionalen Betroffenheit. Es ging darum, sich auch direkt bedroht zu fühlen, denn mit so einer Angriffswucht vor der Haustür wird man natürlich auch zu einem Angriffsziel im Ernstfall, das war eine ganz konkrete Betroffenheit."

Zulauf aus ganz Rheinland-Pfalz

Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges kamen die Menschen aus ganz Rheinland-Pfalz zu den Ostermärschen im Hunsrück. Bis zu 6000 Teilnehmer marschierten zum Militärgelände beim Dorf Hasselbach. 96 Holzkreuze – für jede Rakete eins – wurden dort Ostern 1984 auf einem Acker als Mahnmal aufgestellt. Doch nicht alle waren den Aktionen gegenüber aufgeschlossen. Axel Weirich von der Hunsrücker Friedensbewegung: "Das war sehr zwiespältig. Es gab die Bevölkerung, die im Laufe der Jahre die Erfahrung gemacht hat, dass die Friedensbewegung die Instanz im Hunsrück war, die die Informationen transportiert hat, die man in Bonn damals noch am liebsten geheim gehalten hätte, es gab kritische Kommunalpolitiker, die bei unseren Ostermärschen auch mitgegangen sind, und es gab dann eher die loyalen, die sich als Sprachrohr der Regierung in Bonn und Mainz verstanden haben."

Zeit von damals wird lebendig

Die Zeit von damals. Fotos, Zeitungsausschnitte und Plakate lassen sie noch einmal lebendig werden – auch für diejenigen, die sie nicht selbst miterlebt konnten – wie etwa der 17jährige Schüler Jan Schneider: "Ich weiß es nur aus Erzählungen von meinen Eltern oder auch jetzt auch durch die Ausstellung, die zeigt, dass hier auch was passiert ist auf dem Hunsrück und dass auch gegen irgendwelche mächtigeren Leute gehandelt wurde."

Samstag, 7. Februar 2009

Hunsrücker Leidensbereitschaft

Dieter Junker aus Uhler hat mich auf zwei interessante Artikel aufmerksam gemacht, die nun online in DER ZEIT und dem SPIEGEL lesbar sind:

In dem Zeit Artikel wird erinnert, wie der am 10.12.2006 verstorbene FDP Abgeordnete Prof. Dr. Rumpf aus Riesweiler die Leidensbereitschaft der Hunsrücker Bevölkerung beschwört:
"Was er nicht sagen sollte, hat der Hunsrücker FDP-Abgeordnete Professor Wolfgang Rumpf vorexerziert. Der beschwor im Bundestag, daß „die Verteidigungsbereitschaft der Bevölkerung im Hunsrück nach wie vor ungebrochen sei". Daheim, in Rumpfs Wahlkreis, hagelte es Leserbriefe - Tenor: „Hält uns der Professor für unbedarfte Hinterwäldler?" Rumpf mußte seine Äußerung auf einer Parteiversammlung interpretieren - und ritt sich noch tiefer hinein: Er habe gemeint, daß „die Leidensfähigkeit der Bevölkerung nach wie vor gegeben sei".
Das Kreuz da oben
Charlotte Wiedemann | © DIE ZEIT, 28.03.1986 Nr. 14



Aus den Recherchen des Spiegels:
Mindestens „achtzig Prozent der Dorfbewohner", schätzt Hasselbachs ehrenamtlicher Bürgermeister Pomrehn, würden die Ziele der Raketengegner zumindest ideell unterstützen. Die „Hunsrücker Friedensbewegung", bestätigt auch Landrat Jäger, sei „total in die Bevölkerung integriert".
Die Hochburg des Widerstandes ist Bell, eine 480-Seelen-Gemeinde mit malerischen Fachwerkfassaden. An vielen Fenstern kleben die weißen Tauben der Rüstungsgegner.

Der Spiegel Nr. 25 / 1986
Das ist eine Art Geisteskrankheit

Verteitigungsminister Bürgerinformation

Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner versuchte sich im August 1986 mit Vorwärtsverteidigung durch eine Bürgerinformation. Die ging aber nach hinten los.

Achtung Lottospieler

Mit dieser Anzeige versuchte der Kastellauner Friedensstammtisch 1986 für die Gefahren der Atombewaffnung zu sensibilisieren.

Donnerstag, 5. Februar 2009

Vor 25 Jahren: Atomwaffen im Hunsrück"Der Kalte Krieg ist auch heute nicht vorbei"

Aus der SWR homepage vom 2.9.2008)

Pfarrer Karl-August von Dahl im Interview

Kalter Krieg, Nato-Doppelbeschluss, Nachrüstung: Für die Bewohner der Hunsrück-Orte Bell und Hasselbach war das 1983 nicht bloß eine politische Diskussion in der damaligen Hauptstadt Bonn. Vor ihrer Haustür, auf der so genannten Raketenbasis Pydna, entstand ein Lager für Atomwaffen. Und es formierte sich Protest. Karl-August von Dahl, evangelischer Pfarrer aus Bell, war einer der führenden Köpfe der Friedensbewegung in dieser Region. Im SWR.de-Interview zieht er Bilanz.

August Dahl vor einem Stacheldrahtzaun auf der ehemaligen Raketenbasis Pydna

SWR.de: Herr Dahl, Ende 1983 wurde die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland beschlossen, in der Folge wurden im Hunsrück Marschflugkörper mit Atomsprengköpfen gelagert. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Karl-August von Dahl: Meine Frau und ich, wir gehören zu der Generation, die ihre Lehrer fertiggemacht hat mit der Frage: Was haben Sie in der Nazizeit gewusst? Was haben Sie dagegen gemacht? Und wir wären - falls es nach einem Atomschlag Überlebende gäbe - die nächste Generation, die gefragt würde: Ihr habt es gewusst. Warum habt Ihr nichts getan? Plötzlich historisch in diese Verantwortung gestellt zu sein, hat uns sehr wach gemacht. Zusammen mit dem Grund, den wir von unserem christlichen Glauben her haben: Es darf kein Mensch je über das Leben anderer Menschen so total wie in einem totalitären Staat entscheiden. Und erst recht nicht in einer Demokratie.

Und wir hatten das Bewusstsein, das müssen wir auch mit unseren Gemeindemitgliedern diskutieren. Und wir haben die volle Unterstützung des Kirchenvorstandes bekommen. Ich bin also in den Jahren ab 1983 unendlich viel unterwegs gewesen, von Dänemark bis Wien und von Straßburg bis Berlin, um Leute zu informieren – zum guten Teil kirchlich Engagierte, und zum anderen Teil politisch Engagierte von rechts bis ganz links.

Und die Menschen im Hunsrück, die Bewohner der Orte, die an die Raketenbasis Pydna angrenzten?

Der große Aufbruch ist dadurch passiert, dass viele Hunsrücker verstanden haben, worum es geht - und sie haben diese Botschaft informierend weitergetragen. Demokratie ist Information ...

Die Bewohner haben sich also schlau gemacht: Was passiert hier bei uns? Und haben das an die Öffentlichkeit getragen ...

Ja. Schon nach kurzer Zeit war die Frustration bei unseren Bürgermeistern hier im Hunsrück so stark über die Rausredereien und Lügereien von deutschen Politikern, dass sie in einem Interview öffentlich gesagt haben: Wir fragen die Politiker nicht mehr, da kriegen wir sowieso nicht die Wahrheit. Wir fragen gleich die Friedensbewegung. Die belügen uns wenigstens nicht.

Was hat man den Menschen im Hunsrück denn erzählt?

"Da werden Garagen gebaut." – Die Leute haben gefragt: "Was für Garagen?" – "Ja, da kommen dann Lkw rein". Das hat ein wichtiger CDU-Europapolitiker in einer Werbeveranstaltung für seine Partei im Gasthaus in Bell den Leuten gesagt. Und da haben sie ihn ausgelacht! Sie haben gesagt: "Wir wissen es besser. Wir haben doch schon Fotos gesehen aus Amerika." Da war er baff.

Tatsächlich lagerten dann im Hunsrück Lkw, bestückt mit Atomwaffen. Die Friedensbewegung erhielt Zulauf, es gab jeden Sonntag Nachmittag Friedensgebete vor dem Tor der Pydna, 96 Kreuze für 96 geplante Marschflugkörper wurden auf einem Feld aufgestellt. Aber es gab auch Streit innerhalb der Gemeinden, wie man sich dazu verhalten solle ... Schließlich sorgte die Militärpräsenz im Hunsrück schon seit langem für Arbeitsplätze. Kann man sagen, da liefen Fronten durch die Orte?

Nein. Fronten liefen nicht, sondern wie das so ist im Hunsrück: Man hält das einfach aus, wenn man unterschiedlicher Meinung ist. In unserem Kirchenvorstand gab es natürlich Leute, die bei der Bundeswehr arbeiteten. Für die war es ein bisschen schwieriger, das nachzuvollziehen. Aber als denen bewusst wurde, hier ist unser Glaube gefragt, da war klar: Das vertret ich auch meinen Arbeitskollegen gegenüber, auch wenn die mich komisch anmachen. Gab es Streit? Nein. Es gab flapsige Sprüche wie: "Wenn der Pfarrer so weitermacht, dann können wir den ganzen Hunsrück verkaufen" ...

... weil das Militär dann abzieht und wir keine Arbeit mehr haben ...

Richtig.

Um den Nato-Doppelbeschluss und die Nachrüstung wurde in ganz Deutschland erbittert politisch gestritten. Das Klima dieser gesellschaftlichen Auseinandersetzungen war auch im Hunsrück spürbar. Und für Sie persönlich hatte es ja auch Folgen ...

Das ist ja aktenkundig. Meine Frau [die Pfarrerin Jutta Dahl, Anm. d. Red.] und ich, wir haben beide unseren Religionslehrer-Posten an der Integrierten Gesamtschule (IGS) Kastellaun verloren – auf Betreiben der Bezirksregierung. Die offizielle Begründung war: "Wir müssen die ausreichend vorhandenen Kräfte mit Religionsunterrichts-Erlaubnis voll beschäftigen und müssen die nebenberuflichen wie Pfarrer entlassen." Wir waren die einzigen, die entlassen wurden.

Heute finden auf der Pydna Techno-Partys statt. Als die Atomwaffen abzogen – empfanden Sie da ein Gefühl von Triumph?

Nö. Ein fröhliches Aufatmen: Ein erster Schritt ist gemacht. Statt 25- oder 27-mal Overkill-Kapazität gibt es jezt vielleicht eine oder zwei weniger. Den Rest haben wir noch.

Man könnte aber auch sagen: Die Atomwaffen sind abgezogen, die Strategie ist aufgegangen. Die Schwarzmalerei der Friedensbewegung hat sich nicht bewahrheitet ...

Das wurde uns aus dem rechtskonservativen Lager, egal ob das SPD, FDP oder CDU war, unterstellt: Ihr malt schwarz und macht den Leuten Angst. Statt dessen haben wir die Wirklichkeit beschrieben. Denn die Wirklichkeit macht Angst. Das ist der Unterschied.

Unsere Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet, es ist keine der Atomwaffen bei uns gestartet worden. Die Trägerwaffen sind in dem Vertrag, den Reagan und Gorbatschow geschlossen haben, zur Vernichtung – also zum Zersägen – verordnet worden, während die Atomsprengköpfe sich die jeweilige Weltmacht wieder einverleibte. Die Sprengköpfe sind also wieder in Amerika und werden weiter verbraucht. Die Sprengköpfe der russischen SS 20 und ähnlicher Waffen ebenfalls.

Gefahr eines Krieges durch Irrtum - das war eines der Argumente der Friedensbewegung. In der SWR-Dokumentation "Planspiel Atomkrieg – Raketenpoker um die Nachrüstung" zeigt die Autorin Gabriele Trost: Es gab tatsächlich immer wieder Beispiele dafür, dass Missverständnisse oder Fehlalarm bei Überwachungssystemen damals leicht zur Eskalation hätten führen können. Mit welchen Gefühlen hören Sie heute solche Beispiele?

Wir wissen, dass es wahr ist. Wir wissen, dass es immer wieder passiert. Der jüngste Bericht der amerikanischen Sicherheitskommission, die die amerikanischen Waffenstandorte weltweit untersucht hat, zeigt auf, dass auch in einem der beiden deutschen Standorte für Atomwaffen die Sicherheit genau diesem Zufallsfaktor unterliegt. Das ist der Standort Büchel bei Cochem an der Mosel.

Der Kalte Krieg ist vorbei – das ist Geschichte. Ist das aus Ihrer Sicht tatsächlich so?

Der Kalte Krieg sei vorbei? In den Köpfen vieler immer noch nicht. Was die Atomwaffen angeht – zum Beispiel in Büchel, mit denen deutsche Tornados übrigens in Testflügen üben, also: Atombombe drin, und dann Testflug -, weist die deutsche Politik bis heute jede Einflussmöglichkeit von sich und sagt: Wir brauchen das weiterhin.

Ich halte diese Art des Kalten-Kriegs-Denkens für ungeheuer gefährlich. So gefährlich, dass ich jeder politischen Verlautbarung misstraue, die nicht verifiziert ist durch Leute aus dem Kirchen-Bereich - weltweit, übrigens. Aktuelles Beispiel: der Georgien-Konflikt.

Der Kalte Krieg ist nicht vorbei. Unser Misstrauen ist nach wie vor angebracht. Das gehört sich für einen amerikanischen und einen deutschen und jedweden Bürger dieser Welt, in der Demokratie erst recht.

Die Fragen stellte Bettina Fächer

Pedition an die amerikanischen Senatoren

Im April 1986 sammelt die Hunsrücker Friedensbewegung Unterschriften für eine Pedition an die amerikanischen Senatoren gegen die Cruise Missile Stationierung. Heidrun und Elisabeth tüten die Briefe an alle 100 Senatoren die die 50 Bundesstaaten im US Senat repräsentieren ein. Rückmeldungen gab es leider keine.

Magister Arbeit von Matthias Kargerbauer

Die Friedensbewegung in Rheinland-Pfalz.

Der Hunsrück als Zentrum des Protests gegen die Nachrüstung

Das ist der Titel einer
"Hausarbeit zur Erlangung des Akademischen Grades eines
Magister Artium
vorgelegt dem Fachbereich
Geschichts- und Kulturwissenschaften
der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
von
Matthias Kagerbauer
aus Mainz
2008"


Für die Arbeit hat er sehr viel recherchiert, viele Interviews gemacht und eine sehr gute Bewertung bekommen.

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland

2.1 Die Friedensbewegung als (neue) soziale Bewegung
2.2 Der NATO-Doppelbeschluss von Dezember 1979 als Auslöser für die Friedensbewegung
2.3 Die Struktur der Friedensbewegung
2.4 Die Spektren der Friedensbewegung
2.5 Die Entwicklung der Friedensbewegung
2.6 Der INF- Vertrag von Dezember 1987 als Endpunkt der Friedensbewegung

3 Die Friedensbewegung in Rheinland-Pfalz


3.1 Die militärische und politische Situation in Rheinland-Pfalz
3.2 Entstehung und Struktur der Friedensbewegung
3.3 Die wichtigsten Gruppen und Organisationen der Friedensbewegung
3.3.1 Die Christen
3.3.2 Die „Graswurzelbewegung" am Beispiel der Arbeitsgemeinschaft Frieden (AGF) in Trier
3.3.3 Das KOFAZ-Spektrum
3.3.4 Die Sozialdemokraten
3.3.5 Die Grünen

4 Die Friedensbewegung im Hunsrück

4.1 Militärische Präsenz im Hunsrück
4.2 Entstehung und Struktur der Friedensbewegung
4.3 Die wichtigsten Gruppen und Vertreter der Friedensbewegung
4.3.1 Die Christen
4.3.2 Die Politiker
4.3.3 Der Verein für friedenspolitische und demokratische Bildung Rhein-Hunsrück-Mosel e.V.
4.3.4 Das „Hunsrück-Forum"
4.3.5 Von Gruppen unabhängiges Engagement aus der Hunsrücker Bevölkerung
4.3.6 Auswärtige Friedensaktivisten im Hunsrück
4.4 Die Entwicklung der Friedensbewegung
4.4.1 Diskussionsphase
4.4.2 Appellationsphase
4.4.3 Demonstrationsphase
4.4.4 Aktionsphase

5. Ausblick und Schluss


Quellen- und Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Anhang

Mittwoch, 4. Februar 2009

Sinnbefreit

Wer sich einen sinnbefreiten Nachmittag machen will, der gönne sich dieses Buch über die Hahn Air Base von Carsten Koppke und Heinz Michel. Düsenjäger Nostalgie pur.

PS. Besser dann aber nicht kaufen, sondern ausleihen. Der Ärger wäre doch zu groß.

Überlegungen zum Buchprojekt Hunsrücker Friedensbewegung

Buchprojekt: Friedensbewegung im Hunsrück, Zeitplan

Am 3. Februar traf sich im Pfalzgrafen zu Simmern ein kleiner Kreis, um über die Schaffung eines Buches zur Hunsrücker Friedenbewegung zu diskutieren.
So könnte ein erster Zeitplan aussehen.

Montag, 2. Februar 2009

Hexe verbrannt


Als am 20. Juli 1629 auf dem Beller Galgenberg, der Richtstätte für Kastellaun, nach schrecklicher Folter Elisabeth von Roth als sog. Hexe durch das Schwert hingerichtet und anschließend verbrannt wurde, versammelte sich eine große Volksmenge auf der angrenzenden Pfingstwiese.

Historie des Grauens im Bistum Trier

4. Oktober 1595: Sunna von Lellig wird wegen Zauberei hingerichtet. Am gleichen Tag wird Elsa Daum verhaftet, nach Kastellaun überstellt und dort in Gegenwart des ehemaligen Amtmanns Anthoni von der Hardt gefoltert. Sie blieb trotz aller Torturen bis zum 4. Mai 1596 ohne Geständnis und wurde vorübergehend nach Hause entlassen.

9. Januar 1630: Burkard Dietrich Senft v. Sulburg, Amtmann von Kastellaun, fordert die Gemeinde Winningen auf, den Hexen und Zauberern im Orte mit allem Fleiß nachzspüren. Damit beginnt eine dreißigjährige Hexenverfolgungen in Winningen. In Trier regierte damals Erzbischof Kurfürst Philipp Christoph v. Sötern, ein besonders fanatischer Hexenverfolger.

Aus Liebe zur Heimat ...


Der Deutsch-Amerikanische Club, Sektion-Kastellaun, war sehr rührig. Um den amerikanischen Soldaten etwas Nestwärme zu vermitteln, wurden flächendeckend die Aufkleber "Aus Liebe zur Heimat" in viefarbdruck mit amerikanischer Fahne verteilt.