Anja S.: Jed Schouer war en Puff. Die Verrufene Zeit in Lautzenhausen,
Norderstedt (Books on Demand) 2010, ISBN 978-3-8391-7616-0, Paperback, 188 Seiten, 19,00 €.
Unter dem Titel
„Jed Schouer war en Puff“ (übersetzt: jede Scheune war ein Bordell) berichtet
Kulturwissenschaftlerin
Anja S. in über die schlüpfrige Vergangenheit des kleinen Ortes Lautzenhausen zu
Zeiten der Hahn Airbase. Übrigens, selbst heute noch finden Sie in "Lautze"
einige Spuren dieser Vergangenheit.
Die
RHZ
berichtete am 30.12.2010 über das Buch.
Klappentext: In der bäuerlichen Idylle des kleinen Hunsrückdorfes glitzerten
einst die Neonschilder der Bars und Nachtlokale. Rund 40 Jahre dauerte die
Verrufene Zeit in Lautzenhausen. Und immer noch heißt es: Jed Schouer war en
Puff. Aber es ist ein sagenumwobenes Stück Heimat, über das nicht laut
gesprochen wird. Jetzt lüftet Anja S. in ihrem Buch erstmals den Vorhang und
beschreibt Alles: die Bars und das Dorf, die Bauern und die Zuhälter, die
Animierfrauen und die Striptease-Tänzerinnen. Sehr anschaulich, oft humorvoll,
gut recherchiert und ein bisschen frivol sind die Geschichten, die von der
Autorin zusammengetragen wurden. Damals, als Studentin, und heute, als KuWi,
sprach Anja S. mit allen: Fiffi, Heimo, Ossi, Wolfgang, Siegward, Herr Gallo,
Franz, Josephine, Jupp, …
Anja S., Jahrgang 1982, stammt aus dem Hunsrück und ist in der Region
aufgewachsen. Nach dem Abitur studierte sie in Bremen die Fächer Germanistik und
Kulturwissenschaft. Ihre Magisterarbeit schrieb sie über die vier
außergewöhnlichen Jahrzehnte in Lautzenhausen. Aus dieser Arbeit ist das
vorliegende Buch entstanden. „Jed Schouer war en Puff“ ist das erste Buch der
Autorin. Heute lebt Anja S. zusammen mit ihrem Mann in Frankfurt am Main und
arbeitet im Hunsrück. (Quelle:
bod.de)
Das Buch "Jed Schouer war en Puff" kann wieder bestellt werden (ISBN
978-3-8391-7616-0). Zwischenzeitlich war es nicht erhältlich, weil eine
Person sich beschwert hatte, darin abgebildet zu sein.
Bestellen "on demand" bei bod.de .
weitere Bücher aus dem Edgar Reitz "Heimat" Umfeld: http://www.heimat123.de/heimlit.htm
Sex, Drinks und Rock 'n' Roll: Die Reeperbahn im Hunsrück
03. April 2011 Volksfreund.de
Sie ließ die Zuhörer schmunzeln, lachen und staunen - und trieb
ihnen hier und da auch die Schamesröte ins Gesicht: die erste Lesung von
Anja S. über die Lautzenhausener Bars und Etablissements und die
Menschen, die dort verkehrten

Amüsantes aus ihrem Buch „Jed Schouer war en Puff“ trägt die Horbrucherin Anja S. in Morbach vor. TV-Foto: Ursula Quickert
Morbach. "Es war wie ein Garten Eden - und oft ging es ums vögeln."
Derbe Worte, die wiedergeben, wie es sich einst in Lautzenhausen lebte.
Worte des Freiers Thomas H. - einer der vielen Menschen, die damals in
dem Hunsrückort neben dem Flugplatz Hahn häufig gesehene Gäste waren und
viele Jahre später von Anja S. über ihre Erlebnisse dort befragt
wurden. Zunächst für ihre Magisterarbeit, aus der dann das Buch "Jed
Schouer war en Puff: Die verrufene Zeit in Lautzenhausen" entstand.
Zum ersten Mal hat die 29-Jährige aus Horbruch nun selbst in einer
Lesung einige Passagen daraus vorgetragen. Der Schauplatz: dem Buchtitel
entsprechend die Scheune im Hochwaldhof in Morbach, in Rotlicht
getaucht und mit Dessous, Bildern und High Heels dekoriert.
Die Autorin Anja S. kürzt ihren Nachnamen ab, um als Person "nicht
aufzufallen", wie sie sagt. Die Menschen in ihrem Buch sollen im
Vordergrund stehen.
Die Rückschau beginnt in den 50er Jahren. Von 1953 bis 1993 waren auf
dem Hahn Amerikaner stationiert. Und mit ihnen kamen die Kneipen und
Vergnügungsetablissements nach Lautzenhausen.
Der Ort sei bald als sündiges Dorf tituliert und die Reeperbahn als
Vergleichsmaßstab herangezogen worden, berichtet die
Kulturwissenschaftlerin. Aus den biederen Tanz- und Weinlokalen der 50er
Jahre wurden Bars mit Animierdamen, Pokerrunden, Rock 'n' Roll und
Drinks, die in Deutschland noch als Teufelszeug galten.
Anja S. liest diese Begebenheiten nicht nur vor, sie kommentiert immer
wieder das Geschriebene und streut Anekdoten ein. Wie die der Tänzerin
Josephine, die farbige Soldaten den weißen vorzog.
Sie berichtet von den HWG-Mädchen mit häufig wechselndem
Geschlechtspartner. Und nicht zuletzt von Thomas H. aus dem Ruhrgebiet,
der von der Prostituierten Jeanette und ihren sexuellen Praktiken
schwärmt: "Das war so ne richtige Drecksau."
Zuletzt erzählen auch einige Zuschauer von ihren Erinnerungen an die
sündige Zeit von Lautzenhausen. "Ich hätte meinen Vater herbringen
müssen, der hätte was erzählen können", berichtet einer - und ein
anderer: "Ich habe mich schon beim Durchfahren verrucht gefühlt."
Eingeladen zur Lesung hatte der Morbacher Verein "Kunst im Gewächshaus",
der künftig häufiger solche Veranstaltungen auf die Beine stellen will.
Vorsitzender Heiner Berg war mit der Publikumsresonanz zufrieden. Etwa
60 Menschen lauschten in der Scheune den Geschichten von Anja S., "auf
diese Zahl hatten wir gehofft." (uq)
Rhein-Hunsrück-Zeitung 30.12.2010
Lautzenhausen - Edgar Reitz war an allem schuld.
Zum Abschluss ihres Studiums suchte die Kulturwissenschaftlerin Anja S.
das passende Thema.
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Die „Lautzer“ Originale ließen bei der
Buchvorstellung im „Buena Vista“ die verruchten Zeiten des
Hunsrückdorfes wieder aufleben (von links): Ex-Picnic-Koch Franz
Thömmes, Gerichtsvollzieher Hans-Eckhard Gallo, Tänzerin Josephine,
Dominik-Geschäftsführer Ossi, Autorin Anja S. und
Dominik-Geschäftsführer Heimo.
Werner Dupuis
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Ihr vom „Heimat-Bazillus“ infizierter Professor wusste Rat. In
seinen „Bildern aus den Hunsrückdörfern“ machte Reitz einen Abstecher in
das verrufene Dorf Lautzenhausen. „Schreib darüber Deine
Magisterarbeit“, empfahl der Professor. Die Hunsrückerin folgte dem Rat
und verfasste nach ihrem Examen auch gleich noch ein lesenswertes Buch.
„Jed
Schauer war en Puff“ – so lautet der Titel dieses besonderen Stücks
Heimatliteratur. Die Autorin ist bei ihrer Recherche tief die Materie
eingestiegen. Sie sprach mit Lautzenhausener Dorfbewohnern, Zeitzeugen,
Akteuren und Gästen der Kneipen und Spelunken. Sie stöberte zudem in
Archiven und studierte eine Vielzahl von Quellen. Entstanden ist ein
knapp 200 Seiten dickes Buch, das nichts verschweigt und von einer
vergangenen Epoche berichtet.
60 Bars und Kneipen gab es zwischen
1952, als mit dem Bau des Militärflughafens Hahn begonnen wurde, und
1996, als nach dem Abzug der Amerikaner die Umwandlung der Airbase zum
zivilen Airport für Ferienflieger und Frachtflugzeuge begann. Das
Nachtleben in Lautzenhausen war legendär. Zumindest jeder männliche
Hunsrücker kannte eine schlüpfrige Geschichte – auch wenn sie nur seiner
Fantasie entsprang. Es ab 110 Konzessionen und jede Menge
Geschäftsführer. Mit den „Veronikas“ – so hießen im Amtsdeutsch die
leichten Mädchen – prägten sie das Bild des Dorfes. Vier Mark war in den
Anfangsjahren ein Dollar wert. Da war es lukrativer, die Scheune zum
Etablissement umzubauen, als weiterhin Kühe zu melken.
„Wo früher
Huhn und Hahn gegackert, wird heute Rock'n' Roll gewackelt. Was früher
mal ein Saustall war, ist heute wieder ein Bar, und somit was es früher
war“. So hieß es in der Gründerzeit. Natürlich wurde nicht jede Scheune
umgebaut. Aber noch heute hält sich dieses Klischees hartnäckig.
Lautzenhausen hatte sein ganz besonderes Flair: Zwischen den grellen
Leuchtreklamen dampften weiter die Misthausen. In der Hoffnung, die
schnelle Mark zu verdienen, verdingten sich in den 1960er-Jahren immer
mehr Frauen als Animier- und Bardamen in dem Hunsrückdorf. Offiziell
hießen sie Serviererinnen. Zum Schutz der Sittlichkeit war es den Damen
von Amts wegen untersagt, sich in ungeziemender Bekleidung in den
Schankräumen aufzuhalten. 1964 zählte das Einwohnermeldeamt fast doppelt
soviel Frauen wie Männer in Lauzenhausen.
In den 1970er-Jahren wurde
die Gangart etwas härter. Beim Striptease zeigten sich die Tänzerinnen
lasziver, die Pornofilme wurden vulgärer. Die Separées für den
„besonderen Service“ wurden ausgebaut. Besonders an den Wochenenden ging
es heiß her: Kegelclubs, Sport- oder Gesangvereine, Belegschaften und
komplette Gemeinderäte machten ihren Jahresausflugs in dem sündigen
Dorf. Wenn die Kneipen und Kirmeszelte rund herum Feierabend machten,
ging es hier erst richtig los. Ein Stubbi kostete 10, der Cocktail 15
Mark. Den Piccolo gab's für 20 und die halbe Flasche Schampus für 100
Mark – die ganze Flasche war für 200 Mark zu haben. Eine Flasche Sekt
war der Mindesteintritt zum Separée. Inklusive Umsatzbeteiligung
verdienten die Mädchen zwischen 3000 und 6000 Mark im Monat.
Spitzenverdienerinnen kamen auf 10.000 Mark.
In den 1980er-Jahren
kam das Ende. Die Bars wandelten sich mehr und mehr zu Bordellen.
Prostituierte aus Osteuropa bestimmten immer mehr in der Szene. Razzien
wegen des Verdachts auf Menschenhandel waren die Folge. Im Zuge der
Ermittlungen wurden Betriebe geschlossen. Barbetreiber setzten sich ins
Ausland ab. Besitzer und Namen der Betriebe wechselten ständig. Der
Abzug der Amis in den 90er-Jahren bedeutete das endgültige Aus. Anja S.
hat in ihrem Buch auch den „Verziehlcher und Stickelcher“ einen Raum
gewidmet. In vielen Gesprächen schildern sie ihre Erinnerungen. Der
langjährige Ortsbürgermeister Wolfgang Jakobi und sein Nachfolger
Siegward Bongard gehören dazu. Aus dem Nähkästchen plauderte Franz
Thömmes, der Koch, Geschäftsführer und Mann für alle Fälle. Der
charmante Österreicher und Geschäftsführer Heimo war fürs Feine, sein
Kollege Ossi fürs Grobe zuständig. Spannend zu lesen ist ein Exkurs mit
Gerichtsvollzieher Hans-Eckhard Gallo.
Kontakt hatte die Autorin mit
Mike Schnapp, der lange Jahre der unumschränkte Boss in Lautzenhausen
war und heute in Israel lebt. Josephine „die Wildsau aus Dänemark“,
setzte viele Jahre mit ihrer Erotikshow Maßstäbe auf der Bühne von
„Lautze“. Heute lebt sie in Süddeutschland. Bei der Präsentation des
Buches im „Buena Vista“ war sie der Star. Rund 200 Gäste waren gekommen.
Szenen des Wiedersehens gab es bei Stammgästen und Ehemaligen. Eine
strahlende Josephine verbarg ihr Alter unter den wallenden blond
gefärbten Haaren und ihrem atemberaubenden Dekolleté. „Ich habe sehr,
sehr scharf gearbeitet, immer gepaart mit Ästhetik, Akrobatik und viel
Humor“, erinnerte sie sich. Dabei sei es nie billig und ordinär gewesen.
„Das war die schönste Zeit meines Lebens“, sagt sie stolz und es
scheint, als würde sie am liebsten morgen wieder in Lautzenhausen mit
ihrer legendären Schlangennummer auftreten.