Liebe Friedensinteressierte,
nachfolgend sende ich eine Pressemitteilung sowie
den Wortlaut einer Erklärung aus der Friedensbewegung
zur Verschärfung des israelisch-iranischen Konflikts.
Beide erschienen am 4.8.2009. Da ich sie nach der Rückkehr
aus meiner Urlaubswoche bisher kaum in der
Öffentlichkeit entdecken konnte, habe ich
mich entschlossen, noch einmal meine eigenen Verteiler zu
aktivieren. Mehrfachsendungen bitte ich zu entschuldigen.
Der Abdruck sowohl der Pressemitteilung als
auch der Erklärung im Wortlaut sind ausdrücklich
erwünscht.
Mit besten Grüßen
Clemens Ronnefeldt,
Referent für Friedensfragen beim deutschen
Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes
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Pressemitteilung: Warnung vor israelischem Militärschlag gegen Iran
An die Presse, 4. August 2009
Erklärung aus der Friedensbewegung:
"Wir warnen vor Kriegsdrohungen Israels gegen Iran
Der Konflikt muss und kann mit zivilen Mitteln gelöst werden"
Namhafte Persönlichkeiten aus der Friedensbewegung warnen dringend
vor einem möglichen Militärschlag Israels gegen iranische
Atomanlagen und fordern eine Lösung des Konflikts mit zivilen
Mitteln.
Es gebe inzwischen viele Hinweise auf ernsthafte Vorbereitungen
militärischer Angriffe, u.a. die Verlegung von israelischen U-Booten
ins Rote Meer und Angriffsübungen auf den US-Stützpunkten in Nevada
und Washington. Hinzu komme eine verschärfte Kriegsrhetorik der
rechtsgerichteten israelischen Regierung gegen Iran, seit sie wegen
des Siedlungsbaus auf palästinensischem Boden von den USA unter
Druck gesetzt werde.
"Auch von iranischer Seite wird der Konflikt immer wieder durch
Drohungen gegen Israel als Besatzungsmacht im Westjordanland
aufgeheizt. Es entsteht eine Vorkriegsstimmung. Das ist höchst
gefährlich. Von Nahost bis Mittelost darf nicht gezündelt werden!"
heißt es in einer am Dienstag verbreiteten Erklärung.
Erinnert wird an frühere Angriffe israelischer Kampfbomber u.a. 1981
auf den irakischen Atommeiler Osirak und auf eine vermutete
Nuklearanlage in Syrien im Jahre 2007. Gegen Iran drohe jetzt der
Einsatz der aus Deutschland gelieferten raketenbestückten U-Boote
der Delphin-Klasse. Damit wäre Deutschland indirekte Partei. Die
VertreterInnen von Friedensbewegung und Friedensforschung warnen vor
den katastrophalen Folgen eines israelischen Angriffs auf Iran.
Es drohten ein Flächenbrand in der ganzen Region, die Stärkung
nationalister und fundamentalistischer Kräfte und der theokratischen
Diktatur im Iran und neue Feindschaft zwischen der islamischen Welt
und dem Westen. Präsident Obamas Politik des Dialogs läge in
Trümmern.
Zur Lösung des Atomkonflikts mit Iran und zur Vermeidung einer
Eskalation des atomaren Wettrüstens in der Region gebe es noch ein
Zeitfenster, dass jetzt intensiv genutzt werden müsse. Verhandlungen
mit dem Ziel der Sicherheit für alle Staaten im Nahen und Mittleren
Osten einschließlich Israels und Irans hätten eine Chance. Ein
Instrument könne die Einrichtung einer dauerhaften 'Konferenz für
Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittleren und Nahen Osten' sein,
die auch den Israel/Palästina-Konflikt einbeziehe.
Zur Deeskalation des aktuellen Bedrohungsszenariums sollten die
Regierungen in Israel, den USA und im Iran alle verbalen und
militärischen Drohgebärden unterlassen und ihre Bereitschaft für
eine zivile Bearbeitung des Konflikts unterstreichen.
An die Bunderegierung richtet sich der dringende Appell, alle
Wafenexporte in das Spannungsgebiet einschließlich geplanter
Lieferungen weiterer U-Boote an Israel zu stoppen und sich für eine
Deeskalation des Konflikts zwischen Israel und Iran einzusetzen.
Die Erklärung wurde unterzeichnet von:
Andreas Buro (Friedenspolitischer Sprecher des Komitees für
Grundrechte und Demokratie), Reiner Braun (Geschäftsführer der
Deutschen Sektion von IALANA), Angelika Claussen (Vorsitzende der
Deutschen Sektion von IPPNW), Hans-Peter Dürr (Schirmherr der
Internationalen Münchner Friedenskonferenzen), Heiko Kauffmann
(Träger des Aachener Friedenspreises), Mohssen Massarrat (Friedens-
und Konfliktforscher), Wiltrud Rösch-Metzler (Pax Christi
Nahostkommission, deutsche Sektion), Clemens Ronnefeldt (Referent
für Friedensfragen beim deutschen Zweig des internationalen
Versöhnungsbundes),Otmar Steinbicker (Vorsitzender des Aachener
Friedenspreis e.V., Sprecher der Kooperation für den Frieden), Mani
Stenner (Geschäftsführer des Netzwerks Friedenskooperative), Peter
Strutynski (Sprecher Bundesausschuss Friedensratschlag)
F.d.R.: Manfred Stenner (Netzwerk Friedenskooperative)
Für Nachfragen:
Über das Büro der Friedenskooperative (Tel. 0228/692904) kann
Kontakt zu allen UnterzeichnerInnen hergestellt werden.
Der Initiator Prof. Dr. Mohssen Massarrat hat die Telefonnummer(n):
Tel: 0541/442284, Handy: 0176/96746309
P.S.: Gegen die Lieferung deutscher U-Boote an Israel wenden sich
Friedensgruppen auch in einem Offenen Brief an die Bundeskanzlerin,
der auf der Homepage der Ärzteorganisation IPPNW unterschrieben
werden kann, siehe:
http://www.ippnw.de
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Wortlaut:
Erklärung aus der Friedensbewegung
Wir warnen vor Kriegsdrohungen Israels gegen Iran
Der Konflikt muss und kann mit zivilen Mitteln gelöst werden
In deutschen und internationalen Medien häufen sich die Meldungen
über Manöver des israelischen Militärs zur Vorbereitung
militärischer Angriffe gegen Iran und seine Nuklearanlagen. Laut
Times vom 16. Juli handelt es sich um "ernsthafte Vorbereitungen".
Dazu gehört die Verlegung von Israels raketenbestückten, aus
Deutschland gelieferten U-Booten in das Rote Meer und
Angriffsübungen auf den US-Stützpunkten in Nevada und Washington.
Israels Regierung überrascht die Weltöffentlichkeit fast wöchentlich
mit Meldungen über neue iranische Bedrohungen.
Verbreitet wird immer noch die Falschmeldung, US-Vizepräsident Joe
Biden habe Israel grünes Licht für einen Angriff gegen Irans
Nuklearanlagen erteilt. Inzwischen hat sich Präsident Obama deutlich
gegen "grünes Licht" ausgesprochen. Dennoch bestand Israels
Verteidigungsminister Ehud Barak im Gespräch mit US-
Verteidigungsminister Robert Gates am 26. Juli über den Atomkonflikt
mit Iran eindringlich darauf, die militärische Option offen zu
halten.
Auch von iranischer Seite wird der Konflikt immer wieder durch
Drohungen gegen Israel als Besatzungsmacht im Westjordanland
aufgeheizt. Es entsteht eine Vorkriegsstimmung. Das ist höchst
gefährlich. Von Nahost bis Mittelost darf nicht gezündelt werden!
Es stellt sich die Frage, ob Israels rechtsgerichtete Regierung
Netanjahu-Liebermann für ihre Bedrohungseskalation gegen den Iran
auch andere handfeste Motive hat. Diese Regierung steht angesichts
der Forderung von US-Präsident Obama, den Nahost-Konflikt im Sinne
einer Zweistaaten-Lösung zu regeln, vor einer äußerst schwierigen
Situation. Während die US-Regierung aktuell auf einem Stopp des
Siedlungsbaus auf palästinensischem Boden besteht, hält Israels
Regierung hartnäckig am Bau weiterer Siedlungen fest, wie gerade
jetzt auch in Ostjerusalem. Sie ist offensichtlich nicht bereit,
eine Zweistaaten-Lösung ernsthaft anzusteuern. Soll etwa die
Bedrohungseskalation gegenüber dem Iran Israels rechter Regierung
eine Atempause gegenüber dem US-Druck verschaffen? Oder wird hier
gar eine langfristige Legitimation für einen tatsächlichen
Militärangriff aufgebaut? Israels Geschichte ist voll von
Angriffskriegen: 1981 zerstörten israelische Kampfflugzeuge den
irakischen Atommeiler Osirak, der mit französischer Hilfe gebaut
wurde; die jüngsten verheerenden Angriffe auf den Libanon 2006 und
auf Gaza 2008/2009 sind noch gut in Erinnerung, ebenso der
israelische Angriff auf eine vermutete Nuklearanlage in Syrien im
Jahre 2007. Ein Krieg Israels gegen den Iran beruhte wesentlich auf
dem Einsatz der aus Deutschland gelieferten U-Boote der Delphin-
Klasse und deren Raketenreichweite. Damit wäre Deutschland indirekte
Partei.
Wir warnen vor den katastrophalen Folgen eines israelischen Angriffs
auf Iran:
* Er könnte zu einem Flächenbrand in der ganzen Region werden.
* Er würde nationalistische und fundamentalistische Kräfte auf allen
Seiten stärken, der neuen Welle der Demokratisierung im Iran ein
Ende setzen und die theokratische Diktatur festigen.
* Die Folgen für den gesamten Mittleren und Nahen Osten wären
unabsehbar: Staatszerfall, Bürgerkrieg, Vertiefung der Feindschaft
und Kulturkampf zwischen der islamischen Welt und dem Westen.
* Er würde nicht zuletzt auch ein Scheitern von Obamas Politik des
Dialogs gegenüber dem Iran und eine Rückkehr zur gefährlichen
Politik der Neokonservativen heraufbeschwören. Daran kann niemandem
–auch in Deutschland nicht – gelegen sein.
Die Behauptung, der Iran beabsichtige die Vernichtung Israels,
entbehrt jeglicher rationalen Grundlage. Ein iranischer Angriff auf
Israel mit Nuklearbomben würde die eigene Vernichtung nach sich
ziehen. Nach Auffassung von Friedensforschungsinstituten und
westlichen Geheimdiensten benötigt Iran noch Jahre, um Atombomben
herstellen und transportieren zu können. Dieses nach wie vor
geöffnete Zeitfenster kann für eine zivile Verhandlungslösung
genutzt werden. Wir teilen jedoch uneingeschränkt die Sorge, dass
Irans Nuklearprogramm dem allgemeinen nuklearen Wettrüsten im
Mittleren und Nahen Osten neuen Auftrieb gibt. Dieses Wettrüsten ist
allerdings durch die umfangreiche Nuklearrüstung Israels sowie die
nukleare Aufrüstung Indiens und Pakistans, die mit US-amerikanischer
Zustimmung erfolgte, schon längst im Gange.
Dieser weitreichenden Gefahr gilt es zu begegnen. Deshalb müssen
alle Anstrengungen auf eine friedliche, zivile Lösung des aktuellen
Konflikts ohne Drohungen mit der Militärkeule gerichtet sein. Dazu
kann auch eine Demokratisierung der Verhältnisse im Iran einen
wichtigen Beitrag leisten.
Wir treten dafür ein, in künftigen Verhandlungen mit dem Iran die
Perspektive der Sicherheit für alle Staaten im Mittleren und Nahen
Osten, einschließlich der Sicherheit Israels und Irans, zur
Grundlage zu machen. Unter einer Perspektive, in der nicht länger
die gegenseitige Bedrohung, sondern der Wille dominiert, sich
gegenseitig zu respektieren und zu kooperieren, kann der Konflikt
deeskaliert werden. Ein wichtiges Instrument, um dieses Ziel zu
erreichen, könnte die Bildung einer dauerhaften 'Konferenz für
Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittleren und Nahen Osten' sein. In
ihre Konsultationen wäre auch der Israel/Palästina-Konflikt
einzubeziehen. Es ist an der Zeit, eine solche Perspektive für diese
Region endlich auf die Tagesordnung zu setzen.
Zur Deeskalation des aktuellen Bedrohungsszenariums fordern wir die
Regierungen in Israel, den USA und im Iran auf, alle verbalen und
militärischen Drohgebärden zu unterlassen und ihre Bereitschaft für
eine zivile Bearbeitung des Konflikts zu unterstreichen. Die Formel
"alle Optionen bleiben offen", die nach wie vor einen Krieg
einschließt, lehnen wir entschieden ab.
Wir fordern von der Bundesregierung, die geplante Lieferung weiterer
U-Boote an Israel und alle Waffenexporte in das Spannungsgebiet
Mittlerer und Naher Osten unverzüglich zu stoppen. Des Weiteren
erwarten wir von der Bundesregierung, alle ihre Möglichkeiten für
eine Deeskalation des Konflikts zwischen Israel und Iran zu nutzen.
04. August 2009
Andreas Buro (Friedenspolitischer Sprecher des Komitees für
Grundrechte und Demokratie), Reiner Braun (Geschäftsführer der
Deutschen Sektion von IALANA), Angelika Claussen (Vorsitzende der
Deutschen Sektion von IPPNW), Hans-Peter Dürr (Schirmherr der
Internationalen Münchner Friedenskonferenzen), Heiko Kauffmann
(Träger des Aachener Friedenspreises), Mohssen Massarrat (Friedens-
und Konfliktforscher), Wiltrud Rösch-Metzler (Pax Christi
Nahostkommission, deutsche Sektion), Clemens Ronnefeldt (Referent
für Friedensfragen beim deutschen Zweig des internationalen
Versöhnungsbundes), Otmar Steinbicker (Vorsitzender des Aachener
Friedenspreis e.V., Sprecher der Kooperation für den Frieden),Mani
Stenner (Geschäftsführer des Netzwerks Friedenskooperative), Peter
Strutynski (Sprecher Bundesausschuss Friedensratschlag)
Presserechtlich verantwortlich:
Prof. Dr. Mohssen Massarrat, Hofbreede 64, 49078 Osnabrück
Freitag, 14. August 2009
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